Erhalt/Weiterentwicklung der Altenpflege
Urteil zu Zwangsmitgliedschaft in Pflegekammer
28.08.2019 In Niedersachsen hat das Oberlandesgericht (OLG) in Lüneburg jetzt über zwei Berufungsfälle entschieden: Gegen die verpflichtende Mitgliedschaft in der 2018 errichteten Pflegekammer sei nichts einzuwenden. Der Gesetzgeber habe korrekt gehandelt, keine Kompetenzen überschritten und auch keine Grundrechte verletzt.
Geklagt hatten eine Gesundheits- und Krankenpflegerin und eine Krankenschwester. Die eine Frau leitet ein Pflegeheim und ist auch als PDL tätig. Vor dem OLG ging es nun um die Frage, ob die Pflichtmitgliedschaft in der Kammer grundsätzlich unverhältnismäßig und verfassungswidrig ist. Das konnte das OLG nicht erkennen. Es sah vielmehr ein legitimes öffentliches Interesse, wenn die Pflegekammer in Selbstverwaltung die Berufsinteressen vertrete und fördere sowie die berufliche Aufsicht führe.
Die andere Frau, die heute in einer Klinik im Aufnahmemanagement arbeitet, argumentierte, ihre Tätigkeiten seien überwiegend Verwaltungsaufgaben. Dem folgte das OLG nicht. Es sah vielmehr ihre Berufsausübung im Sinne des Pflegekammergesetzes an. Begründung: Es reiche bereits die reine Möglichkeit, dass die ursprünglich erlernten pflegerischen Kompetenzen zur Anwendung kommen könnten.
Insgesamt hielt das Gericht die Belastung durch eine Kammermitgliedschaft für zumutbar - was auch für die Beitragspflicht gelte. (OVG Lüneburg, Urteil vom 22.08.2019 - 8 LC 116/18; 8 LC 117/18)
Das Bündnis für Altenpflege hat sich stets gegen die Errichtung von Pflegekammern positioniert. Vielmehr setzen sich die Bündnispartner für eine Weiterentwicklung der Altenpflege mit den entsprechenden Verbesserungen der Rahmenbedingungen für die Pflege ein. "Hierzu können Pflegekammern keinen Beitrag leisten", so Bündnissprecher Peter Dürrmann.
Auch der Bündnispartner bpa kritisierte das Urteil zur Pflegekammer in Niedersachsen. Es zeige die Diskrepanz zwischen den Wünschen der Pflegekräfte und der Überprüfung der Rechtmäßigkeit einer Zwangsmitgliedschaft. „Das Gericht hat damit die Zwangsmitgliedschaft in der Pflegekammer Niedersachsen für rechtens erklärt und die Hoffnung tausender Pflegekräfte zunichte gemacht“, so die niedersächsische bpa-Landesvorsitzende Ricarda Hasch enttäuscht.
Eine im Dezember 2018 gestartete Online-Petition mit dem Ziel der „Auflösung der Pflegekammer Niedersachsen und Beendigung der Zwangsmitgliedschaft von Pflegekräften“ fand rund 50.950 Unterstützende, davon 44.200 in Niedersachsen.